Rinchnach - Guntherort und ehem. Klosterort

Rinchnach Gunther- und ehemaliger KlosterortSt. Gunther - OrtsgründerDeutscher Spion? 

St. Gunther als Vermittler zwischen Ost und West
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Gunthers Vermittlerrolle im Feldzug 1040 wurde vor allem im 15. Jahrhundert durch die Hussiten und durch böhmische Historiker im durch die aufkeimenden Nationalitätenkonflikte gekennzeichneten 19. Jahrhundert ins Gegenteil verkehrt: Gunther wurde als ein Instrument der deutschen Expansionspolitik nach Osten, als Spion des deutschen Heeres, als Fluchthelfer des unterlegenen oder gar als Führer des einbrechenden deutschen Heeres dargestellt. Besonders der Historiker Palacky verbreitete vehement diese Sichtweise in seiner Geschichte von Böhmen 1844. Diese Version machte sich auch gern der Kommunismus zu eigen. Sie lässt auch heute noch Ressentiments in Tschechien gegen Gunther wachsen.

Der verdienstvolle Guntherforscher Pater Gotthard Lang hat diese slawische Deutung der Rolle Gunthers eindeutig widerlegt und aufgezeigt, dass sich diese Behauptungen  zurückführen lassen auf eine Missdeutung wie auf einen Fehler bei der Übersetzung des lateinischen zeitgenössischen Berichtes des Hermann von Reichenau. Dass diese Einschätzung der Rolle Gunthers zu Böhmen falsch ist, dürfte auch damit untermauert werden können, dass Gunther in einem böhmischen Kloster begraben wurde und es besonders böhmische Könige, Äbte und Bischöfe waren, die eine Heiligsprechung Gunthers erreichen wollten.

Ein Chronist des Kloster Niederaltaich berichtet Mitte des 18. Jahrhunderts aus alten Quellen:
„Da aber unser Seliger Günther bei bemeltem teils unglückseligen, teils glückseligen Krieg Kaiser Heinrichs einen nicht geringen Anteil gehabt und durch seine bekannte Heiligkeit und Gebet denen Teutschen sowohl als denen Böhmen das Leben erhalten und bei dem Hauptfriedenswerke sehr viel beigetragen, kann ich nicht umgehen, was Rutliebus, Propst zu Rinchnach, kürzlich hiervon aufgezeichnet. Als dass... Günther zwischen Heinrich und Bretislav einen Mittler abgeben, auch verursacht, dass Bardo, Erzbischof von Mainz, mit seinen sächsischen und polnischen Völkern Böhmen wiederum verlassen und davon gezogen." (veröffentlicht durch I. Seyfert in Schöner Bay. Wald, 1995/106)
  
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Guntherstatue aus der Kirche in Gutwasser,
präsentiert in einer Vitrine im Museum Bergreichenstein
Aufnahme um 1990,
Ludmilla Rakussan fasste in einem im Jahr 2000 erschienen Artikel die nationalistische sowie die derzeitige  tschechische Sichtweise St. Gunthers nach dem Fall des Kommunismus im Jahre 1989 so zusammen:

"Obwohl ihn zu seinen Lebzeiten keine der verfeindeten Seiten für einen Verräter hielt, haftet an ihm das von der Literatur der nationalen Wiedergeburt überstülpte Etikett eines Spions für das deutsche Heer bis heute.

'In der böhmischen Geschichte ist Günther als ein Spion des deutschen Heeres im Krieg des Kaisers Friedrich dem III mit dem Fürsten Bretislav bekannt', steht in der tschechischen Otto- Enzyklopädie.

Dem Heiligen aus Böhmerwald, der vor 1000 Jahren in den Konflikten zwischen Deutschen und Tschechen vermittelte, bescherte man diese ungerechtfertigte Beurteilung zwar erst im 19. Jahrhundert, wegen der Ausarbeitung in historischen Romanen aus jener Zeit allerdings blieb der Verdacht bis heute an ihm haften.

Tatsache ist, dass Günther seine Zeit nicht nur mit Gebeten und der geistigen Fürsorge für Bedürftige in Gutwasser und Maurenzen bei Hartmanitz verbrachte. Aufgrund seiner adeligen Herkunft bewegte er sich ganz selbstverständlich auf dem Parkett der hohen Politik. Als sich Anfang 1040 der Krieg zwischen Bretislav und Heinrich dem III. anbahnte, setzte sich Günther als Führer einer böhmischen Abordnung bei dem deutschen König für Frieden ein. Nach der Niederlage des bayerischen Heeres bei Vseruby- Paß intervenierte er für eine geordnete Rückkehr der restlichen Kämpfer und bewirkte außerdem, dass aus Böhmen auch das Heer des sächsischen Markgrafen Eckhard abgezogen wurde.

'Dem heutigen Denken erscheint Günthers Rolle fast unbegreiflich, denn keine der Kriegsparteien hielt ihn für einen Verräter', fügt die Historikerin Barbara Kremienska hinzu. Wie wahr!

Im Museum in Berg Reichenstein wurde in den 50er Jahren die barocke Statue von St. Günther mit dem Vermerk ausgestellt, dass es sich um „den bekanntesten und ältesten Saboteure auf unserem Gebiet" handele. Laut Museumsleiter Dr. Vladimir Horpeniak war es wohl damals die einzige Möglichkeit, eine Plastik mit der religiösen Thematik der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Ein paar Kilometer weiter allerdings fassten es Offiziere der kommunistischen Armee wohl wortwörtlich auf und löschten das Andenken an St. Günther mit Dynamit aus. Nach den Grundmauern der Kapelle am Günther- Felsen musste der aus Hartmanitz stammende Karl Grünbeck nach der Wende mit Kompass, Höhenmeter und Hacke unter einer kompakten Waldbodenschicht suchen.

Bei dem Wiederaufbau der Kapelle halfen schon Menschen von beiden Seiten der Grenze mit. Nach rund drei Jahren war es geschafft. Die Erneuerung der geistigen Dimension des St. Günthers als eines Bindeglieds des bayerisch-böhmischen Grenzlandes wird leider länger dauern."

 
Bei einer internationalen "Gunther-Konferenz" in Gutwasser/Dobra Voda im Oktober 2005 stellte Lukas Vales so dar:
"Lasst uns von der bekannten und bis heute nicht überwundenen Definition des Verhältnisses zwischen Tschechen und Deutschen ausgehen, die vom Historiker Frantisek Palacky stammt. Er hat gesagt, dass die tschechisch-deutsche Geschichte eine Geschichte des Begegnens und des Gefechtes ist. Sie beinhaltet also eine fruchtbare Zusammenarbeit und gegenseitiges Beeinflussen genauso wie scharfe Konflikte. ...
Das tschechisch-deutsche Verhältnis kann ... Als eine ganze Reihe von ununterbrochenen Konflikten empfunden werden ...

Man kann aber auch einen ganz anderen Blick auf die tschechisch-deutsche Vergangenheit haben: Am Anfang der gemeinsamen Vergangenheit steht nämlich ein höchst positiver Wert - das Christentum. ... Am Anfang der Entwicklung der böhmisch-deutschen Verhältnisse begegnen wir drei Heiligen, die nicht nur eine tschechisch-deutsche, sondern mindestens auch eine mitteleuropäische Bedeutung haben. ... Alle drei haben in Böhmen gelebt, alle drei wirkten im Heiligen Römischen Reich, alle drei haben eine Berühmtheit erlangt, die ihnen eine Unsterblichkeit bis in das 21. Jahrhundert gesichert hat. Sie selber sind Symbole (Zeichen, eine Bezeichnung mit bestimmter Bedeutung oder Allegorie bzw. mit bedeutsamen oder sinnvollsten Inhalten). Symbolisch sind auch ihre drei Namen, beginnen sie doch alle drei mit einem großen "V": Vaclav (Wenzel), Vojtech (Adalbert) und Vintir (Gunther). ...

Gunthers Beitrag zur und Bereicherung des böhmisch-bayerischen Verhältnisses ist außergewöhnlich.  ... Gunther hat den Böhmerwald zu einem Gebiet der verbindenden, gegenseitig befruchtenden Zusammenarbeit zwischen Tschechen und Bayern gemacht, zu einem Gebiet mit gegenseitiger Durchlässigkeit, in dem die Staatsgrenze keine Kommunikationsgrenze zwischen den Menschen bildet. ...

Und Gunther selbst ist z. B. auch der erste deutsche Wanderer auf der böhmischen Seite des Böhmerwaldes, den wir mit Namen kennen. ... Er hat so gleichsam ein künftiges Kommen seiner Landsleute in den Böhmerwald vorgezeichnet."

Und Dr. Jan Royt von der Karlsuniversität Prag, der sich intensiv mit Leben und Werk St. Gunthers auseinandergesetzt hat, trug in seinem Konferenzbeitrag 2005 u. a. vor:
"Die größte Verehrung hatte Gunther  im 17. und 18 Jh. Er taucht in der Barockliteratur auf. Dass Gunther zu den Paten Böhmens gehört wird dadurch unterstrichen, dass im Benediktinerkloster Police (ca. 100 km nordwestlich von Wien im tschechischen Grenzgebiet zu Österreich, J. D.) Gunther gemeinsam mit dem heiligen Wenzel und dem heiligen Adalbert dargestellt ist mit dem Schriftzug 'Paten Böhmens betet für uns'. ...

Gunther ist ein Beispiel eines Heiligen, der im Geiste Jesu oft Brücken zwischen feindlichen Seiten schlug. Seine Persönlichkeit könnte zu einem Versöhnungssymbol des vergangenen und erst neulichen Unrechts sein, das sich Tschechen und Bayern gegenseitig zugefügt haben."