Rinchnach - Guntherort und ehem. Klosterort

Rinchnach Gunther- und ehemaliger KlosterortKloster/Propstei bis 1803Die Propstei Rinchnach als Grund- und Gerichtsherrschaft im weiten UmkreisGerichtsbarkeit 


Niedere Gerichtsbarkeit
 
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Im hohen Mittelalter gab es als unterste Verwaltungs- und Gerichtseinheiten Grafschaften, Herrschaften und Vogteien. Die Vogtei und damit auch die Gerichtsbarkeit übten für die Propstei Rinchnach bis ca. 1060 die Grafen von Formbach und dann bis zum zum Tode des letzten Bogener Grafen Albert IV. 1242 die Grafen von Bogen aus. Danach wurden die Wittelsbacher die Vogtherren. Diese hatten in ihren Herrschaften seit Beginn des 13. Jahrhunderts zur Verwaltungs- und Gerichtsorganisation eine Anzahl von „Ämtern“ errichtet, die von Beamten mit dem Titel Richter geleitet wurden.

Für Rinchnach lässt sich bereits 1254 ein eigener Grundrichter bzw. Grundamtmann belegen. Diesem Rinchnacher Grundrichter wurde am 12. April 1299 auch die niedere Strafgerichtsbarkeit zugesprochen, als nämlich Herzog Otto das Kloster Niederaltaich von der durch die Landrichter ausgeübten landesherrlichen Gerichtsbarkeit befreite mit Ausnahme der höheren Gerichtsbarkeit, d.h., der Rechtsprechung über Totschlag, Mord, Raub, schweren Diebstahl und Notzucht. Dieser blieb in unserm Gebiet dem Landrichter von Regen vorbehalten.
  
  1. Bei allen Grundgütern und deren Besitzern hat die Propstei alle und jede Personal=Sprüche, soweit sie Grund und Boden betreffen nur allein abzuhandeln und zu judicieren als da sind:
    übermähen, überackern, unfugsames Schwendten (Holzabschlagen), stümblen, brennen und ‚böchlein’, von denen nur die einzige Abstrafung dem Landrichter gebührt.

    Bem.:“Böchlein“ nennt man das Abrinden der Bäume zu dem Zwecke, Pech („Böch“) zur Bereitung der Wagenschmiere zu bekommen. Verletzte man dabei den Stamm zu empfindlich, so verdorrte er, woraus dem eigentümer bedeutender Schaden erwuchs.
    “Stümblen“ nannte man das Abhauen der Baumäste; es war verboten, weil es das Gedeihen des Baumes schädigte.

  2. Hat das Kloster alle Inventuren bei den Grundunterthanen und Nahrungsleuten, ob sie auch nur ein bloßes Häusl auf Erbrecht oder Beigeding haben.

  3. Die Vormundschaftssatzungen und Rechnungen der Grunduntertanenkinder.

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  1. Alle Aufrichtungen über Grundsachen und was von Grundgütern herrührt als: Heiratgut, Nahrungsvertrag, Übergab, Verkauf, Vertausch- und Versatz-Brief.

  2. Die gerichtlilchen Verhandlungen in Schand- und Schmach-Klagen, Raufen und Schlagen, die in der Taferne, im Propstei-Hof und Maierhof geschehen, zu führen, doch nicht zu strafen, da die Abstrafung dem Landrichter beim Umritt gebührt.

  3. In der Hofmark durchgehend alle Akte der Nieder-Hofmarksgerichtsbarkeit:: das Recht, mit Stock, Eisen, Gefängnis, Schandsäule, Prechen und Heugen zu bestrafen.
    Die iniungierte Leibesstrafen, bestehend in Stock, Prechen, Schadsäule, Schlagen in Geugen und Amtshaus-Sperren etc. werden durch den Rinchnacher Amtmann vollzogen, durch eben diesen alle Delinquenten auf den vorher ausgeschriebenen Umrittstag nach Rinchnach citiert.

  4. Das Anfaillungsrecht: kraft dessen die Rinchnach’schen Grundunteranen verpflichtet sind, deren ‚habendes Schlacht- und Stich-Vieh’ wie nicht weniger auch das ‚faille’ Geflügel als Hennen, Enten usw. der Propstei vorher anzufaillen, bevor sie es jemand anderem verkaufen, und mag also die Propstei vermöge dieses Anfaillungsrechtes jederzeit in den Kauf eintreten, wenn auch das Geld schon erlegt worden wäre, die hierin ungehorsamen Untertanen aber zu verdienter Strafe im Landgerichtl. Umritt zu verurteilen.
  
Die größeren Verbrechen wie Mord, Brandstiftung und Notzucht wurden vom Landrichter verhandelt und abgeurteilt. Die Strafen waren hart und strenge Schlagen, Peitschen, Brennen, Zwicken und noch andere martern der Tortur, Aufhängen, Köpfen, Rädern, Verbrennen, Vierteilen derjenigen, welche durch böse Handlungen die Sicherheit gefährden, waren die gewöhnlichen Bestrafungsmittel.