Rinchnach - Guntherort und ehem. Klosterort

Rinchnach Gunther- und ehemaliger KlosterortSt. Gunther - OrtsgründerHeiligenverehrung i. L. d. JahrhunderteGu-Sy 2010, Dr. Sommer 
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PhDr. Petr Sommer
„Der heilige Gunther und das frühe benediktinische Mönchtum“
Gunthersymposiumsbeitrag, Rinchnach, 9.10.2010
 
  
Es ist unbestreitbar, dass der Gunther gleich von Anfang an in Břevnov für eine Persönlichkeit gehalten wurde, die eine außerordentliche Achtung verdiente und dass diese Achtung zu seiner Heiligsprechung führen sollte. Aus verschiedenen Gründen gelang dies nicht ….

Aber die Břevnover Benediktiner wurden sich bewusst, dass es zwischen dem von ihnen neu verehrten St. Emmeram-Heiligen Dionysius und dem Břevnover "Haus-Heiligen" Gunther eine bedeutende, wenn auch zufällige Verbundenheit gibt. Auch Dionysius‘ Todestag war nämlich der 9. Oktober. Daher schlossen sich die Břevnover den Regensburger Mystifikationen an und begannen den neuen Dionysiuskult zu fördern. Seine Pflege ermöglichte nämlich ein ganz offizielles Begehen des Festtages, in dem auch das Andenken Gunthers verborgen war. Das Fortschreiten dieses Trends kann man gut bis zur Phase des Umbaus der Břevnover Kirche in der Mitte des 13. Jahrhunderts verfolgen, der eine viel breitere und fast offizielle Entfaltung des hausinternen Guntherkultes an seinem neu gestalteten Grab ermöglichte, mit einer neuen, künstlerisch bedeutsamen Grabplatte. Der Gipfel dieses Trends war die Erweiterung des Patroziniums der Břevnover Kirche um den Dionysiustitel zwischen den Jahren 1252-1261. Der Dionysiuskult wurde damals nach Břevnov implantiert, was sehr wichtig für die Guntherverehrung war.Der große Dionysiusfest mit seiner Liturgie ermöglichte den selben Tag auch als Hausfest des Eremiten Gunthers zu feiern, ohne die päpstlichen Anordnungen zu verletzen, die die Verehrung der nicht kanonisierten Personen verboten.

Der späteren Tradition nach wurde dieses Geschehen mit der Initiative des Přemysl Otokar II. verbunden. Der König wollte die Kanonisation Gunthers bei Papst Innozenz IV. erreichen. Dieser Papst sollte den Abt von Niederaltaich, den Propst von Rinchnach und den Abt von Strahov beauftragen die Kanonisation vorzubereiten. Der Probst von Vyšehrad namens Divis sollte die notwendigen Akten nach Rom bringen. Er starb aber unterwegs. Abt Hermann von Niederaltaich schickte an Papst Alexander IV. ein neues Gesuch (9. März 1261) und der Břevnover Abt Martin sollte die neue Eingabe (bestätigt vom Prager Bischof Nikolas) überbringen lassen. Doch auch diese Aktion führte nicht zum Erfolg.

Dennoch finden wir viele Belege der Guntherverehrung im Mittelalter und in der Neuzeit. Die bekanntesten sind mit dem Kloster Břevnov und mit Dobrá Voda/Gutwasser verbunden. In Břevnov war die Verehrung Gunthers mit dem Grab in der Klosterkirche verknüpft. Das Grab war von Anfang an im Ostabschluss des südlichen Seitenschiffs der Klosterkirche situiert. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts wurde dieser Ostabschluss umgebaut, und zwar in die Form einer frühgotischen Grabkapelle. 1390 soll Bonifaz IX. den Besuchern dieses Grabes Ablässe bestätigt haben. In Gutwasser wurde am Anfang des 16. Jahrhunderts ein reger Kult gepflegt, was die berühmte Plastik (heute im Museum in Sušice aufbewahrt) belegt.

Die zweite Welle der Kanonisationsbemühungen ist mit dem Barock verbunden. Im Jahre 1684 wurde in der Břevnover Propstei in Police (im Maria Magdalena-Altar) der Holzschrein mit männlichen Skelettüberresten gefunden, die vom Anfang an als die Guntherreliquien bezeichnet wurden. Diese Reliquien wurden am 11. 11. 1716 nach Břevnov überführt und am 10. 8. 1726 in den Seitenaltar der neuen St. Margaretha-Kirche beigesetzt. In den Altaraufbau wurde das Meistergemälde von Petr Brandl gehängt, auf dem die Szene der letzten Kommunion des Eremiten abgebildet ist.

Auch im 18. Jahrhundert wiederholte sich die Lage, wie sie sich seit dem 13. Jahrhundert darstellt. Die Verehrung des nicht heilig gesprochenen Eremiten war offiziell nicht vorstellbar. Deshalb hat Brandl für den Altar noch ein anderes Bild geschaffen, und zwar ein Bild mit dem schon kanonisierten benediktinischen Heiligen Prokopius (* um 978, + 1053), des Gründers des Klosters in Sázava. Damit war die nicht offizielle Altarehre des Břevnover Hausheiligen Gunther unterstützt und ermöglicht. Die neuzeitliche Erneuerung des Guntherkultus ist mit der Person des benediktinischen Geschichtsschreibers Bonaventura Piter verbunden. Seine Bemühungen gipfelten in der bis heute hochwertigen Monographie über die Gunther'sche Geschichte. Dank seiner Anregungen wurde der alte Grabstein gerettet, der am 18. 7. 1761, bei einem großen Kirchfest, an der südlichen Außenseite der Kirche im Rahmen eines Freskos von Josef Hager eingeweiht wurde.