Rinchnach - Guntherort und ehem. Klosterort

Rinchnach Gunther- und ehemaliger KlosterortSt. Gunther - OrtsgründerAbstammung GunthersGu-Sy 2010, Dr. Kälble 
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Dr. Mathias Kälble
 „monachus ex saeculari nobilitate conversus et heremita“ - Der heilige Gunther in Thüringen“
Gunthersymposiumsbeitrag, Rinchnach, 9.10.2010
 
  
"Fragen wir zusammenfassend nach dem Wirken Gunthers als Mönch und Eremit in Thüringen, so ist festzustellen, dass er, abgesehen von der kurzen Zeit als Propst des Klosters Göllingen und seinem wohl eher politisch motivierten Aufenthalt am Hof Kaiser Heinrichs II. in Magdeburg 1017, keine nachhaltigen Spuren in seiner thüringisch-sächsischen Heimat hinterlassen hat. …

Dass wir ihn überhaupt mit Thüringen in Verbindung bringen können, verdanken wir letztlich einer kurzen Notiz in den Annalen des Klosters Hersfeld und der etwas ausführlicheren Schilderung über Gunthers Bekehrung in der Lebensbeschreibung Godehards von Niederaltaich. Gunther selbst hat uns dagegen nur ein Zeugnis hinterlassen, das ihn als Förderer der Abtei Hersfeld und insbesondere von deren Tochterkloster im nordthüringischen Göllingen zeigt, an dem er offensichtlich ein besonderes Interesse hatte. In der Forschung wurde deshalb immer wieder die Vermutung laut, Kloster Göllingen sei von Gunther gegründet worden oder eine Art „Familienstiftung“ der späteren Grafen von Käfernburg gewesen, zu deren Vorfahren der Eremit ja mit Recht gezählt wird. Heute wird man eine solche Vermutung kaum mehr aufrecht erhalten können. Wahrscheinlicher ist, dass das Kloster Göllingen eine Hersfelder Gründung war, die von Gunther aufgrund der engen Beziehungen seiner Familie und insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Entwicklungen im thüringisch-sächsischen Grenzraum besonders gefördert wurde. …

Auch wird deutlich, dass Gunther vor seinem Eintritt in das Kloster in ein weitverzweigtes Netz thüringischer und sächsischer Adliger eingebunden war, die schon früh enge Beziehungen zu Heinrich II. pflegten und diesen gerade in seinen schwierigen Anfangsjahren als König nachhaltig unterstützten. Aus diesen Beziehungen heraus erklären sich auch die späteren Kontakte Gunthers zum König, dem er, wie sein Aufenthalt auf dem Hoftag in Magdeburg 1017 beweist, auch als Eremit weiter verbunden blieb. In dieser Verbindung zeigt sich einmal mehr, wie eng Politik und persönliche Frömmigkeit im Mittelalter mitunter zusammenhängen konnten."