Rinchnach - Guntherort und ehem. Klosterort

Rinchnach Gunther- und ehemaliger KlosterortSt. Gunther - OrtsgründerMissionar Guntherin Ungarn 
Gunthers Wirken in Ungarn
Nach dem Sieg des deutschen Heeres unter König Ottos I. (Kaiser ab 962) über die Ungarn im Jahre 955 hatte das Herzogtum Bayern die alten bayerischen Siedlungsgebiete östlich des Flusses Enns im heutigen Nieder-Österreich (verloren nach der Schlacht bei Preßburg/Bratislava 907) zurück gewonnen. Großfürst Geza gab nach der Eheschließung zwischen seinem Sohn Stefan, dem künftigen ungarischen König und der bayerischen Herzogstochter Gisela, das Wiener Becken und weitere Gebiete westlich des Flusses Leitha an Bayern.
  
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Mit diesen Erfolgen der deutschen Expansionspolitik gegenüber Ungarn wurde der bairische Siedlungsraum immer weiter nach Osten ausgedehnt. Unter der Regierung von Stefan und Gisela konnte der weitere Ausbau friedlich erfolgen.

Und so reiste Gunther 1015/1016 nach Ungarn, um die vom König Stefan dem Heiligen (997 - 1038) und dessen Gemahlin Gisela begonnenen Christianisierung des ungarischen Volkes zu unterstützen.

In der Lebensbeschreibung des heiligen Stefan wird berichtet, dass Gunther von da an mehrmals in Ungarn war und er von König Stefan jeweils große Geldmittel zur Verfügung gestellt bekam, die er immer ausschöpfte. Gunther mied der Überlieferung nach auch in Ungarn das Leben am Königshof oder in Klostern und zog sich in den Baykonyerwald zurück, der sich zwischen der bereits bestehenden Benediktinderabtei Pannonhalma (Martinsberg) und dem Balaton, dem Plattensee, ausbreitet.

In der Nähe seiner Klause gründete schließlich König Stefan das Kloster Bakonybél (gesprochen Bakon'bel), wobei diese Gründung der durchaus glaubhaften Bakonybéler Haustradition nach auf Fürsprache Gunthers erfolgte. In einem Stifungsbrief vom Jahre 1030 wird aber nur ausgesagt, dass Stefan "Klöster und Kirchen auf Veranlassung erleuchteter Geistesmänner gebaut" habe.

Bakonybél wurde jedenfalls dem hl. Mauritius, dem Patron von Niederaltaich, geweiht. Die ersten Mönche kamen aus Niederaltaich. Beides lässt auf Gunthers Wirken schließen. Gunthers Einfluss auf andere Klostergründungen ist jedoch unwahrscheinlich, auch wenn dies in vielen Guntherbiografien behauptet wird.
 
  
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Dr. Tamás Körmendi
„Ungarn im frühen 11. Jahrhundert und das Wirken des heiligen Gunther im Lande“
Gunthersymposiumsbeitrag, Rinchnach, 9.10.2010
 
  
"Zusammenfassend lässt sich folgende Bilanz in Bezug auf die Tätigkeit des heiligen Gunther in Ungarn ziehen:
Der deutsche Einsiedler kam mindestens zweimal, aber eventuell auch noch öfter nach Ungarn. Zum ersten Mal kam er auf den Ruf des Königs Stephan irgendwann zwischen 1006 und 1008, zum zweiten Mal besuchte er mit Sicherheit nach 1008, aber wahrscheinlich frühestens in der Mitte der 1010er Jahre das Land.

Gunther konnte eine wichtige Rolle in den diplomatischen Kontakten zwischen dem Reich und dem Königtum Ungarn spielen. Er trug wahrscheinlich auch dazu bei, das Ideal des Eremitentums zu verbreiten. Dass er an der Christianisierung Ungarns teilgenommen hat, kann man aber aus Mangel von konkreten Quellenangaben nicht beweisen. König Stephan – der durch seine Frau mit dem heiligen Gunther verwandt war – stiftete auf Bitten des deutschen Einsiedlers das Kloster von Bakonybél.

Dessen Gründungsdatum weicht aufgrund der weiter oben ausgeführten Überlegung zu den heute vorliegenden Quellen im geringen Maß davon ab, was die frühere Fachliteratur behauptet hat. Das Gründungsdatum des Klosters Bakonybél muss in die Zeitspanne zwischen der Mitte der 1010er Jahre und 1023, aber auf jeden Fall zwischen 1008–1023 fallen."